Skeyfare

02. Juni 2023, 22:29:10
Willkommen Gast. Bitte einloggen oder registrieren.


Skeyfare » Allgemeines » Rezensionien » 300

Autor Thema: 300  (Gelesen 3432 mal)

Offline kolvar

  • Lord of the Board
  • Administrator
  • Sage
  • *****
  • Beiträge: 4759
  • Karma: 3
    • Profil anzeigen
    • Orfinlir - Die Welt
300
« am: 15. Juni 2006, 10:48:03 »
Ich hatte eine Menge von diesem Film erwartet, nachdem die Trailer so einiges hoffen ließen und die Kommentare in den (für mich) relevanten Foren durchweg positiv ausfielen. Ein weiteres tat sicherlich auch der Comic, der mit seiner gewaltätigen und gewaltigen Bildsprache die Bruatlität der Schlacht zeigte und mein kleines Nerd-Herz mit Heldenmut und Pathos überflutete.
Auch viel es mir in diesem Fall recht leicht, mein Historikerhirn auszuschalten, beiseitezuschieben, dass dort mehr gefallen sind, als nur 300 Spartaner, dass die Athener die ganze Aktion für ein ziemliches Desaster hielten und die Spartaner gewiss nicht für die Freiheit des einzelnen einstanden (ausgenommen natürlich die Freiheit der spartanischen Kriegerschicht).
Nach den ersten Bildern im Netz war auch bereits klar, dass der Comic zum Teil Bild für Bild in dem Film wieder zu finden sein würde. Die Änderungen an der Vorlage waren vermutlich hilfreich für den Film, weil ein reines geschlachte auf Dauer einfach nur noch antiklimatisch gewesen wäre.
Aber warum schreibe ich das alles so vorsichtig? War der Film nicht gut? Hielt er nicht, was alle Quellen versprochen hatten? Wurde nicht mein innerer Rollenspieler (der ja bekanntlich auch oft mein äusserer ist) von dem gemetzeln angesprochen?
Ja und nein.
Meine Emotionen gleich nach dem Film sind sehr gemischt gewesen. Tatsächlich waren die Kämpfe nahezu perfekt choreografiert, besonders die Einstellungen, in denen die Spartaner einzeln kämpften, sich aber totzdem als Team verhielten, um sich gegenseitig zu schützen (etwas, das wohl niemals wirklich befriedigend im Rollenspiel umgesetzt werden wird ... vielleicht sollte man doch mit Facing spielen, um die Paraden für andere Personen sinnvoll zu machen ... aber ich schweife ab). Auch ihre tatsächlich vorhandene Phalanxtaktiken waren wohl überlegt, wobei man sich dennoch fragt, warum sie nicht tatsächlich in dem engeren Teil der Schlucht geblieben sind, um die Angreifende Zahl der Gegner weiter zu verringern.
Aber irgendwie wollte sich bei mir nicht die Empathie einstellen, die man bei der Gefahr für die Hauptakteure empfinden sollte. Oder beim Tod eines der benannten Helden. Oder bei besonders heroischen Aktionen.
Es war lustig die zugegebener Maßen manchmal ans idiotisch grenzende Todesverachtung der Spartaner zu sehen (manche würden vermutlich das "manchmal" und das "grenzende" weglassen)  und bei einigen Kämpfen in Rollenspielergedanken zu verfallen ("Na, da wird fröhlich gecleaved. Oder war das jetzt eher Whirlwind Attack?"). Aber irgendwie reichte mir das anscheinend nicht aus.

Mein Urteil daher: Es lohnt sich, den Film, wegen seiner Bilder, im Kino zu sehen, allerdings sollten man sich vorher genau überlegen, ob man so viel Blut sehen muß oder nicht. Dazu sollte man sich vermutlich nicht zu sehr im Vorfeld mit dem Film, dem Comic oder der Geschichte beschäftigen, sondern sich einfach fallen lassen. Aber am wichtigsten: Man sollte den Film mit einigen Freunden sehen, um sich bereits während des Films vielsagende Blicke zuwerfen und hinterher ausgelassen darüber diskutieren zu können (nicht, dass diese Diskussion irgendwelche tiefschürfenden Gedanken hervorbringen würde).

Ach ja: Jede einzelne Rede in diesem Film, selbst eine, die meiner Meinung nach etwas verunglückt wirkte, ist besser als alles, was Aragorn in den Filmen an Ansprachen von sich gibt. Das wäre vermutlich ein weiterer Grund, den Film zu sehen, um bei der nächsten Sitzung aus dem Vollen schöpfen zu können.
"Jeder, der  genaustens Buch über seine geistige Stabilität führt, kann sich sicher sein, daß er etwas vergessen hat, zu notieren."
Aus: Die freundilchen Weisheiten des Kolvar, Bd 1,5,26